Der Biergrantler unterwegs. Belgien Teil 3

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Brügge, 2. Tag

 

Wir flanierten auf Umwegen in Richtung Groeningemuseum. Irgendwie muss man den Vormittag hinter sich bringen.

In diesem Biertempel gibt es eine ganze Wand nur für Sauerbiere, ein Traum.

Schaut man sich die „normalen“ belgischen Biere an, kosten die schon mal zwei bis drei mal so viel wie im „Spar Laden“ in Poperinge.  Gut, dass wir da schon ein paar Flaschen mitgenommen haben.

 

Ein Wiedersehen mit dem Westvleteren 12, hier für 12,50 € die Flasche. Schon interessant, für ein Bier das nicht weiterverkauft werden darf.

 

Brouwerij Bourgogne des Flandres, mit Biergarten direkt am Kanal. Leider haben die nur Brotzeiten, sonst wären wir da zum Mittagessen hingegangen,

Das Museum hat sogar mir gefallen, Kunstbanause der ich nun mal bin.

„Das hier finde ich ganz gut“.  Das sagt auch Ray (Colin Farrell  in Brügge sehen und sterben) über „das jüngste Gericht“ von Hieronymus Bosch. Natürlich ist das eine Anspielung auf den „Show down“ im oben genannten Film. Mir hat es aber unabhängig davon gut gefallen, weil es sich halt auch einigermassen von selber erklärt.

Danach gab es dann endlich Mittagessen und eines der interessantesten Biere der Reise. Das Oud Bruin der brouwerij-strubbe

Schaut man sich die Farbe und das Bierglas an, könnte man als oberbayerischer Mensch sogleich schwermütig werden. Sicher mit irgendwelchen Caramalzen auf mastig süß getrimmt…

Und genau diese Malze sind da auch drin: 20 % Ambermalt und 5 % dunkles Caramelmalz, der Rest Pilsener Malz. Aber die Oud Bruin Hefe hat daraus ein Meisterwerk gemacht. Man hat den vollen Malz Genuss, bei einem malzig süßen Antrunk, begleitet von einer säuerlichen Frische und Spritzigkeit, die mir so noch nicht begegnet ist. Ein Fest für die Nase und den Gaumen und das bei nur 5,5 % Alk.Vol. Dazu gab es das „Nationalgericht Waterzoi“.

Nach einem fränkischen Schäuferla und Lagerbier denkt man eigentlich nur noch an die Couch. Nicht so hier. Erfrischt ging es auf zu neuen Taten. Das versuche ich auf jeden Fall nach zu brauen.

Unterwegs haben wir uns noch das Beginenkloster, in dem es aber keine Begine mehr gibt, angesehen. Da hängen überall und in allen Sprachen Schilder, mit der Aufforderung  man möge sich angemessen verhalten, keinen Lärm machen, etc. etc.. Mir sind da vor allem kreischende asiatische Menschen aufgefallen, von wegen Seele baumeln lassen, wie das im Reiseführer steht.

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Gut, Seele baumeln lassen geht für mich mit einem Brauereibesuch besser und so haben wir dann an der Brauereiführung der Halve Maan Brewerij teilgenommen.  Unser Führer war ein selbstbewusster Braumeister, der mit einem gewissen Stolz auf seine Brauerei und vor allem Fachwissen, seine englischsprachige Führung sehr gut gemacht hat.
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Ich habe ihn gefragt, ob bei der ca. 3 km lange Pipeline von der Brauerei zur Abfüllanlage nicht Schwierigkeiten mit Sauerstoffeintrag im Bier auftreten. Das wurde natürlich entschieden verneint.
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Wir lernen, was wir schon immer dunkel geahnt haben, nämlich dass jedes belgische Bier sein eigenes Glas hat.
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Die Führung erfolgt zum Großteil in der alten Brauerei, die jetzt als eine Art Museum dient. Hier sieht man das Kühlschiff und erfährt, dass die Kollegen in der Lambic Gegend immer noch mit dieser Technik arbeiten.
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Hier lagert die Heritage Ausgabe des Straffen Hendrik.

Dazu hat unser Braumeister kein Wort verloren und ist sozusagen vorbeigeeilt, vermutlich um nichts ausschenken zu müssen. Ein Fläschlein haben wir für teuer Geld (18,- €) dann im Shop mitgenommen. Das darf jetzt noch ne Weile reifen.

Nach der etwa 2 stündigen Führung wird man dann in die Wirtschaft gelotst, wo man einen Brugse Zot umsonst bekommt. Das ist natürlich ein kleveres System. Nach so einer Führung hat man Hunger und bleibt sitzen. So auch wir.

Wir haben dann noch, zu einer sehr guten Brotzeit, den straffen Hendrik ein 11% Alk. Vol. Quadrupel und den wilden straffen Hendrik getestet. Alles einwandfrei, wobei letzterer schon was Besonderes ist. 9 % Alk. Vol. und wunderbare Brettanomycesaromen. Das ist so richtig strong, nichts für zarte Seelchen, äh kein guter Einstieg in die Brett Materie. Ich war natürlich begeistert, weil ich dergleichen nicht erwartet hatte. Es lebe die unvollständige Vorbereitung auf solche Reisen!

Am Abend war dann das `t Brugse Beertje dran.

Das Eigenartige an diesem Biercafe (ja wie nennt man dergleichen eigentlich? Selber nennen sie sich Biercafe) war, dass wir uns von Anfang an wie daheim fühlten. Wir waren das erste mal in Belgien, das erste Mal in Brügge und das erste mal im  `t Brugse Beertje . Vielleicht lag das, abgesehen vom angenehmen Ambiente an der klassischen Musik, die im Hintergrund lief.

Es gibt 5 Biere vom Faß und ca. 300 Verschiedene Flaschenbiere.

Wir bestellten erst mal zwei Faßbiere um Zeit zu gewinnen. So konnten wir in Ruhe die Karte studieren.

In der Hand ein Saison von der Brasserie de la Senne: Kräftige Hefe, kantig herber Abgang,  vorne:  „What the Fuck“ ein IPA von der White Pony Microbrewery, 6 % Alk, 65-95 IBU (so steht das dabei), Korrektes IPA, Pinien, rauchig, aber auch langweilig im Vergleich zu den anderen Bieren im Beertje!

Michael Jackson war auch hier, nicht der Sänger, der Richtige, DER Michael Jackson, der Beerhunter, der  mit seinen Veröffentlichungen sowas wie eine Initialzündung für Belgiens Bier Tourismus ausgelöst hat.

Blick zur Theke. Die Kellner sind Profis und  sehr aufmerksam, ohne dabei aufdringlich zu werden. Ein kleines Zeichen genügt und man kann bestellen. Das Einschenken von Flaschenbieren wird am Tisch zelebriert. Da sind Leute am Werk, die Freude an ihrer Berufung haben.

 

De straffe Hendrik, Tripel. Damit hatten wir alle Biere der Halve Maan Brewerij durch, die Anderen gab es ja nach der Brauereiführung.  Auch tadellos und die Gelegenheit, mal nachzufragen, wie das denn nun sei, mit den Brauereien in Brügge.

Unser gut gelaunter Kellner und Lokalpatriot erzählte uns dann, dass die Brouwerij Lapin de Brugge nicht in Brügge braut und die Brouwerij Bourgogne des Flandres, wohl innerhalb von Brügge braut, aber die Würze Anderenortes vergären, bzw veredeln lässt. Das ist natürlich für belgische Verhältnisse schon so was wie ein Armutszeugnis, wenn man den wichtigsten Schritt der Bierherstelleung auslagert.

Die einzige Brauerei die noch in Brügge braue, sei die Halve Maan Brouwerij, versicherte er uns sichtlich stolz.

Das wars dann, mit einem letzten Blick aufs Beertje traten wir den Rückzug an. Unser erster Belgien Urlaub war wunderbar und es wird nicht der letzte gewesen sein. Ich denke mal, dass man nach weiteren ca. 11 Besuchen in Belgien, mal so einen groben Überblick über die einzigartige Biervielfalt, die ihresgleichen sucht, haben wird.

Tot ziens Flandern, Au revoir und Servus Belgien, wir kommen wieder.

Nürnberg,  Oktober 2017

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